Wer dieses Second-Hand-Biotop an der Alten Kölner Straße in der Wahner Heide kennt, mag sich gefragt haben: Warum sind die ganzen Pflanzen da jetzt raus, und warum ist da alles so aufgewühlt? Ist das jetzt gut, für die Natur?
Vor dem Einsatz: der Rohrkolben bildet stellenweise schon dichte Bestände, kaum Licht und Platz für andere Arten
Natur und Militär damals und heute: von Caesar bis zu den Belgiern
So oder so, nach dem Abzug des Belgischen Militärs aus der Wahner Heide 2004 wurde auch die Panzerwaschanlage ihrer ursprünglichen Bestimmung beraubt und entwickelte sich seitdem zu einem speziellen menschengemachten Klein-Biotop, einem Stillgewässer, inmitten eines speziellen menschengemachten Groß-Biotops. Denn auch die Heide, und damit auch die Wahner Heide, ist menschengemacht, durch Beweidung und Plaggenhieb, allerdings gar nicht so weit entfernt von einer von menschlichen Einflüssen unberührten Urlandschaft wie man denkt, näher dran wahrscheinlich an dieser Urlandschaft als der Deutsche Wald, von dem wir aber auch nicht wirklich wissen, wie der denn ausgesehen haben mag. Caesar hat ihn, und mutmaßlich auch die Wahner Heide, mal kurz marodierend durchstreift und literarisch mit naturkundlich laienhaft-fragwürdigen Randnotizen versehen (Caesar, BG VI-27: „Es gibt ebenso Tiere, die Elche genannt werden... und sie haben Beine ohne Knöchel und Gelenke. [...] Sie nähern sich ihnen [den Bäumen] an und genießen so, ein wenig an sie angelehnt, Ruhe...“).
Die Germanen, die ihm da offenbar eine Bären aufgebunden hatten, und es natürlich besser wussten, weil sie ja seit jeher dort lebten, haben literarisch leider gar nichts hinterlassen, weshalb wir heute leider auch so gut wie gar nichts wissen, über diese urgermanische Landschaft. Und auch das sei erwähnt an dieser Stelle: Auch Germanen sind (pardon, waren) Menschen, die ihre Umwelt beeinflusst haben, nur wie und wie intensiv, dazu hätten sie was malen oder aufschreiben müssen, notfalls in Latein, haben sie aber nicht…
Die Panzerwaschanlage: Lebensraum für Frösche, Molche, Libellen
Kurz vor Ende des Einsatzes: Rohrkolben weitgehend entnommen, Hornkraut (rechts unten) stellenweise gelichtet
Kreuzkröten sind anders drauf…
…sie kommen überall rings um die PWA vor und schätzen gerade die regelmäßig austrocknenden Pfützen als Laichgewässer: Sobald ein Gewitterregen die Pfützen gefüllt hat, kommen sie nachts aus ihren in den Heidesand gegrabenen Tag-Verstecken hervor, paaren sich und legen ihre Laichschnüre ab. Ihre Strategie: in diesen gerade erst entstandenen Gewässern gibt es keine Fressfeinde für ihre Kaulquappen, keine Libellenlarven, Gelbrandkäfer, Fische, Molche,…, und in den flachen, sonnenexponierten Pfützen erwärmt sich das Wasser schnell, die Quappen können sich rasch entwickeln, möglichst schnell genug, bis die Sonne die Pfütze ausgetrocknet hat. Ein eng kalkulierter Plan, der nicht immer aufgeht, dann vertrocknen die Quappen, aber dafür starten sie mehrere Versuche über den Sommer, wenn auch nur einer aufgeht, ist das aus Kreuzkröten-Perspektive o.k. Und immer noch ein besserer Plan als die PWA zu nutzen, wo es vor Fressfeinden nur so wimmelt. Jedem das Seine, in der Heide.
Die Natur hat die Panzerwaschanlage für sich zurück erobert. Alles gut?
Genauer hinschauen lohnt sich: zwischen dem wuchernden Hornkraut könnten sich auch seltene Arten verborgen haben...
Ehrenamtlicher Naturschutz-Einsatz an der PWA
Will man diese Vielfalt also erhalten (und das wollen wir), muss man also Hand anlegen und die dominanten Arten zurück drängen, damit weniger konkurrenzstarke Arten, wie der Froschlöffel, auch eine Chance haben. Zu diesem Zweck hat das Bündnis Heideterrasse e.V. in Abstimmung mit der DBU Naturerbe GmbH, als Eigentümerin, die Pflege der PWA übernommen. Ein- oder zweimal im Jahr finden ehrenamtliche Biotop-Pflegemaßnahmen statt, letzten Samstag (10. Oktober) war wieder so ein Einsatz. Diesmal standen das Zurückdrängen des Breitblättrigen Rohrkolbens und des Rauen Hornblattes im Fokus. Beides heimische Arten, die jedoch bereits im Begriff sind, alles andere zu verdrängen, zudem würde der Rohrkolben mit seinen zwei bis drei Meter langen Stängeln die gesamte PWA in den Schatten stellen.
Seit dem 15. September 2020: Eine Info-Tafel mit Basis-Infos zu diesem Klein-Biotop, und Kontakt-Daten für Nachfragen
So ein Einsatz bedeutet natürlich Stress für die Bewohner der PWA, den diese aber in Kauf nehmen müssen, wenn ihre Welt im Betonbecken erhalten bleiben soll. Um möglichst wenig Schaden anzurichten, indem z.B. Laich oder Larven ungesehen mit den Pflanzen entnommen werden, finden die Einsätze außerhalb der Laichzeit, und vor der Winterruhe, statt. Und etwas trübe und zerstört sieht die PWA nach so einem Einsatz ja schon aus, das ist aber eher ein optischer Schaden, spätestens nach wenigen Wochen ist das Wasser wieder klar.
Und weil nicht jedeR Vorbeispazierende diesen Beitrag gefunden und gelesen hat, und auch nicht jedeR an einer unserer Exkursionen teilnehmen kann, schon gar nicht in Corona-Zeiten, und somit nicht weiß, was da für ein wertvolles, in Beton gegossenes Kleinod am Wegesrand liegt, ist dort im September Schild angebracht worden, mit Grundinformationen und Kontakt-Daten, über die man sich weiter informieren kann. Oder gerne auch Informationen zu eigens gemachten Beobachtungen, gerne mit Fotos oder Film, an uns weiter geben kann.
Danke schonmal, auch im Namen ihrer Bewohner, und bis bald an der Panzerwaschanlage.
Abtauchen in die PWA, Juni 2020
© Ernst Broel