Leitbilder, Pläne und Herausforderungen bei der Umsetzung der WRRL an Sülz und Agger...
... waren das Thema der gemeinschaftlichen Tagesexkursion von NUA und und Aggerverband am 22.09.2017. Im Rahmen einer Vorexkursion hatte die ortskundige Führung aus der Vielzahl an Möglichkeiten sechs repräsentative und leicht zu erreichende Punkte an der unteren Agger und der unteren Sülz (Planungseinheit 1100) ausgewählt. Die drei ersten Exkursionsziele liegen in bzw. grenzen an die Heideterrasse. Der erste Exkursionspunkt war das rauschende Mannstaedter Wehr bei Troisdorf. Hier wurde ein gewisses Mass an Durchgängigkeit geschaffen. Die Massnahmen waren aber durch die örtlichen Gegebenheiten gebunden. Das starke Rauschen und die vielen weissen Kronen an den Stromschnellen zeigen an, dass das Wehr nur leistungsstarke Fische passieren lässt. Dies gilt leider trotz der Fischtreppe, die sich langfristig als wenig effektiv erwiesen hat. Leistungsstark sind gute Schwimmer wie Lachse und Forellen. Herr Nemitz (Rheinischer Fischereiverband 1880 e.V.), berichtete, dass hier jedes Jahr 200-300 Lachse passieren, um in Agger und Sülz abzulaichen. Eine Optimierung der Durchlässigkeit für schwächere Schwimmer wie beispielsweise Karpfenartige wäre sicherlich der Rückbau des Wehrs, welcher aber unter anderem aufgrund von Wasserrechten nicht durchführbar ist - das am Wehr abgeleitete Wasser ist für die Mannstaedt-Werke nötig und speist den Sieglarer Mühlengraben.
Der dritte Exkursionspunkt lag an der unteren Sülz auf der Höhe des Erlebnis-Bauernhofs "Krewelshof" und wurde ebenfalls durch oben genannte Referentinnen vorgestellt. An dieser Stelle wurde die Sülz vor über zehn Jahren (Umsetzungsphase: 2002-2005) in ein neues geschwungenes Bett mit grösserer Aue umgeleitet. In der Aue kann sich das Ergebnis sehen lassen: die Gewässerstruktur ist abwechslungsreich und die Substratdiversität der Sohle hat sich ohne weitere Eingriffe erhöht. Einen Wermutstropfen gibt es jedoch. Die Erfolgskontrollen insbesondere das Makrozoobenthos (das sind die wirbellosen Gewässerbewohner wie Eintagsfliegen, Köcherfliegen, Muscheln oder Bachflohkrebse) betreffend weisen laut den Berechnungen der üblichen Indices keine deutliche Verbesserung der ökologischen Qualitätsklasse auf. Fehlende Erfolge auf Basis der Gewässerbewertung sind nach Renaturierungen nicht unüblich. Die Gründe sind vielschichtig. maßgeblich sind beispielsweise die Nutzungen im Einzugsgebiet, die zu Einträgen von Nähr- und Schadstoffen, aber auch von Feinsedimenten (Schwebpartikeln) unterschiedlichen Ursprungs und Wassererwärmung führen können. Die von stromauf wirkende physico-chemische Degradation wird mit einer lokalen strukturellen Verbesserung nicht beseitigt. Langfristig können Renaturierungen dennoch die Qualität des Gewässers erhöhen - und zwar, wenn sie in ausreichender Zahl auch im Oberlauf und in einer räumlichen Anordnung umgesetzt wurden sind, welche die Wiederausbreitung der Zielarten ermöglicht.
Restpopulationen anspruchsvoller Arten kommen meist nur weit entfernt vor, wodurch sich die Besiedlung verzögert. Die Vertreter des Aggerverbands konnten auf der Basis von begleitenden Diplomarbeiten aufzeigen, dass es an der vorgestellten Massnahme durchaus positiv zu bewertende Änderungen in der Zusammensetzung der Artengemeinschaften gibt. Diese gehen aber bei der Umrechnung zu Bewertungs-Indices verloren. Da die Bewertung leitbildspezifisch erfolgt, aber am Rande der Heideterrasse die Sandfracht naturgemäss zunimmt, kann zusätzlich ein Problem des Leitbilds vorliegen. Handelt es sich hier um ein grobsubstratreiches silikatisches Gewässer der Mittelgebirge, oder ergibt sich am Rande der Köln-Bonner Bucht unter dem Einfluss der Heideterrasse vielleicht eine Übergangszone (feinsediment- bzw. sandgeprägt und Tieflandeinflüsse)? Die weiteren Exkursionspunkte lagen an der Agger (Lohmar-Donrath, Overath-Cyriax, Ehreshoven I) und damit jenseits der Heideterrasse. Aber auch dort wurde deutlich, dass, so sehr man es sich auch wünscht, schnelle Erfolge in komplizierten Dynamiken schwierig sind. Die Gemengelage aus natürlichen Gegebenheiten, historischen Wasserkörpermodifikationen und Wasserrechten, Grundbesitz und Interessen der Anlieger, Nutzungskonflikten, Vorgaben der WRRL, Bewirtschaftungsformen im Einzugsgebiet, Gesetzesvorgaben und Landschaftsplanung benötigt einen langen Atem, gute Fachkenntnisse aus unterschiedlichen Disziplinen und vor allem auch Hartnäckigkeit bei der Umsetzung.